Fahrerlose Transportsysteme: Navigation und Lokalisierung

Für den reibungslosen Einsatz von fahrerlosen Transportsystemen (FTS) ist die Lokalisierung und Navigation der mobilen Transportroboter entscheidend. Die folgende Übersicht zeigt die Unterschiede und die verschiedenen Arten der Lokalisierung und Navigation.

​Lokalisierung und Navigation: Was ist der Unterschied?

Während die Lokalisierung der Geräte auf dem Shopfloor für den Fahrbetrieb des FTS grundlegend ist, ist die Navigation für den laufenden Betrieb der einzelnen mobilen Transportroboter verantwortlich. Zunächst muss das Fahrzeug wissen, wo es sich befindet.

Dies übernimmt das FTS mit Hilfe von Lokalisierungstools und ermittelt, welche Routen vom aktuellen Standort aus befahren werden können.

Basierend auf diesen Informationen plant das FTS im zweiten Schritt über die Navigationslayer, wohin es fahren soll und wie viel Zeit es für die Fahrt benötigt.

Welche Lokalisierungsarten gibt es?

Bei der Lokalisierung von AGVs ist die Art der Sensorik entscheidend. Fahrerlose Transportsysteme können auf verschiedene Technologien zur Lokalisierung zurückgreifen. Darunter fallen unter anderem:

  • die Lokalisierung mittels Magnetsensoren
  • die Kameralokalisierung
  • eine konturenbasierte Lokalisierung über Laser
  • die Triangulation

Jede Methode bringt unterschiedliche Vorteile mit sich. Je nach Anwendungsfall und -bedarf können auch mehrere Lokalisierungsarten gemeinsam zur Anwendung kommen.

Odometrie: Die grundlegende Lokalisierungsart

Fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) verwenden häufig die Odometrie als grundlegende Ortungsmethode. Diese Technologie verwendet Daten über die Fahrtrichtung und -geschwindigkeit des AGV sowie den Startpunkt der Fahrt zur Ortung.

Beim sogenannten Koppelverfahren, auf das die Odometrie zurückgreift, wird der Startpunkt des FTF als Referenzpunkt festgelegt und aus den Daten die aktuelle Position berechnet. Die ausgewerteten Informationen fließen dann unterstützend in die Berechnungen anderer Ortungsanwendungen ein.

Die Odometrie ist somit das grundlegendste Lokalisierungsverfahren. Sie wird jedoch nur unterstützend für andere Ortungstechnologien eingesetzt.

Magnetlokalisierung

Die Magnetlokalisierung ist besonders einfach in der Integration. Dabei wird eine Magnetspur auf dem Boden aufgebracht. An der Unterseite des mobilen Transportroboters befinden sich Sensoren, die das Magnetfeld des Metallbands erkennen und als Leitspur verwenden.

Wenn das AGV von dem Kontakt mit der vorgegebenen Richtung abweicht, steuern die Sensoren die Lenkmotoren an und bringen das FTF wieder auf die gewünschte Bahn. So erlernen die Transportsysteme die Route und folgen ihr bei allen weiteren Einsätzen. Die Polung der Magnetspur ist dabei immer einheitlich: Die obere Seite ist nach Norden gepolt, während die untere südlich gepolt ist.

Bei der Implementierung des FTS müssen Unternehmen auf keine speziellen Bodenanforderungen achten, sie können die Magnetspur auf jedem Untergrund aufbringen. Einziger kritischer Faktor: In industriell genutzten Hallen werden häufig Stahlarmierungen verbaut. Sie verstärken die Betonbauteile und erhöhen so die Tragfähigkeit.

In einzelnen Fällen kann es vorkommen, dass sich Stahlarmierungen magnetisch laden und als Störfelder den Magnetsensor im AGV negativ beeinflussen. Eine solche Störung ist meist so gering, dass sie keine Probleme für das FTF bedeutet. Sollte dieser Fall doch einmal eintreten, sind mobile Transportroboter optimal darauf vorbereitet. Die meisten AGVs verfügen standardmäßig über mehrere Lokalisierungsarten. So lassen sich Flächen mit potenziellen Störfelder durch Stahlarmierungen trotzdem fehlerlos befahren.

Durch den Aufbau inklusive seitlichen Führungsschienen verfügt der Mobile Roboter über ein Passives Lastaufnahmemittel, wodurch die Aufnahme von KLT-Behältern ermöglicht wird (Bild: © SAFELOG).

Nahaufnahme Magnetspur (Bild: © SAFELOG).

Optische Lokalisierung

Für die Lokalisierung mittels optischer Spurführung werden bei FTS-Kameras eingesetzt. Dabei gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder zeigen Frontkameras in die Fahrtrichtung des AGVs oder die Kameras sind an der Unterseite montiert und richten die Linse Richtung Boden aus.

Ist die Kamera nach vorne gerichtet, kann das AGV einzelne Wagen beispielsweise über ArUco Marker sofort identifizieren und anfahren. Gleichzeitig erhöht die Kamera die Flexibilität im Einsatz.  Vor allem für kurze Auftragsfahrten abseits der vorgegebenen Spur lohnt sich die optische Lokalisierung mit der Frontkamera.

Musste ein Werker zuvor eine einzelne Spur zum Ziel abkleben und den Wagen exakt dort positionieren, benötigt das AGV nun ausschließlich eine grobe Planung zum Wagen hin. Ab einem bestimmten Abstand zum Wagen (1-5 Meter) findet das Gerät dank der Frontkamera den Wagen und kann ihn zügig anfahren und aufnehmen.

Zeigt die Kamera nach unten, ist eine sehr genaue Positionierung und Lokalisierung des AGVs möglich. Dafür wird gerne die GRID-Lokalisierung eingesetzt. Dabei befinden sich im Abstand von einem Meter Magnetpunkte oder Barcodes auf dem Boden. Anhand dieser Informationen richten sich die AGVs aus und lokalisieren ihren konkreten Standort. Die optische Lokalisierung ist auch mittels einer auf dem Boden erkennbaren Spur aus Signalfarben oder Barcodebändern möglich. Wichtig ist dabei, dass zwischen Bodenbelag und Farbmarkierung ein satter Kontrast besteht, damit die Sensoren die Spur problemlos erkennen. Die Bodenkamera ist besonders nützlich bei Anwendungen des FTS in Lagern mit vielen Regalreihen. Die Positionierung der AGVs lässt sich dank des Grids absolut zu den jeweiligen Reihen bestimmen, wodurch die Fahrzeuge problemlos lange Gänge meistern können.

Laserlokalisierung

Bei dieser Lokalisierungsmethode befindet sich ein Laserscanner am AGV. Der Scanner beginnt damit, die Einsatzkarte zu mappen, indem er die Konturen im Raum lokalisiert. Das AGV speichert die Daten über eine Software ab und verteilt die Erkenntnisse dann an alle weiteren AGVs, die in demselben Bereich fahren. Die Fahrzeuge greifen dabei auf dieselbe Karte zurück.

Die Laserlokalisierung erfüllt somit zwei Aufgaben: Einerseits ermöglicht sie das Aufzeichnen einer Karte, die als Basis für die Installation des fahrerlosen Transportsystems verwendet wird Andererseits garantiert die Laserlokalisierung einen störungsfrei laufenden Betrieb, da der Laser die Konturen seiner Umgebung mit der hinterlegten Karte abgleicht. Die präzise Lokalisierung des FTS im Raum erfolgt durch den Abgleich der Karte mit der Realität.

Die konturbasierte Laserlokalisierung ist besonders sinnvoll in Einsatzbereichen mit festen Konturen. Unveränderliche, feste Bezugspunkte wie beispielsweise Säulen reichen meist schon für die erfolgreiche Verwendung aus. Der Laser des AGVs verfügt über ein großes Blickfeld, weswegen beispielsweise ein einzelnes vorbeifahrendes Fahrzeug nur einen geringen Störfaktor darstellt.

Schwieriger wird es hingegen in dynamischen Bereichen, in denen sich permanent viele Objekte bewegen oder die Konturen veränderlich sind. Ein Beispiel dafür sind Areale mit einer hohen Anzahl an Palettenbewegungen. Befinden sie sich im Blickfeld des AGVs, kann es seine Position nicht exakt bestimmen. Das führt zu Problemen bei der genauen Lokalisierung.

Grundsätzlich gilt: Je mehr fixe Punkte sich im Einsatzbereich des mobilen Transportroboters befinden, desto einfacher läuft die konturbasierte Laserlokalisierung ab.

Triangulation

Bei der Triangulation berechnet das AGV seine eigene Position im Abstand zu jeweils drei Punkten im Raum. Das AGV ermittelt den Abstand von allen drei Punkten zu sich selbst und bestimmt so seinen eigenen Standort. Die Grundstruktur funktioniert wie bei der GPS-Ortsbestimmung.

Die Magnetlokalisierung ist besonders einfach in der Integration (Bild: © SAFELOG).

Dreiecksreflektors als erweiterte Sicherheitsmaßnahme zur verbesserten Erkennung durch mobile Roboter (Bild: © SAFELOG).

Welche Navigationsmöglichkeiten gibt es?

Eine erfolgreich durchgeführte Lokalisierung ist die Grundlage für eine exakte Navigation des mobilen Transportroboters. Die Navigation beschreibt den Prozess der Routenplanung. Sobald sich das fahrerlose Transportfahrzeug lokalisiert hat und feststeht, an welchem Punkt es sich befindet, gibt die Navigation vor, auf welcher Route das Fahrzeug zum Zielpunkt gelangen soll.

Dabei können je nach Anwendungsfall der Automatisierung, beispielsweise in der Industrie oder der Intralogistik, verschiedene Marker wie Geschwindigkeit, Effizienz oder die kürzeste Route entscheidend sein. Auf dem vom Navigationssystem berechneten Weg fährt das AGV dann zum Zielort.

Wie unterscheiden sich autonome und spurgeführte Navigation voneinander?

Ein fahrerloses Transportsystem hat die Möglichkeit, autonom oder spurgeführt zu navigieren. Die Lösungen unterscheiden sich dabei wie folgt:

Autonom navigierende Fahrzeuge können sich frei auf einer Fläche bewegen. Sie sind an keine vorgegebenen Spuren gebunden. Dieser prozesstechnische Anwendungsfall existiert in einer Logistikumgebung allerdings größtenteils nicht.

In Lagerhallen und Produktionsumgebungen gibt es Regelwerke, die den Verkehr mit AGVs, fahrergeführten Transportfahrzeugen und Mitarbeitern klar bestimmen. Damit das Zusammenspiel aller Verkehrsteilnehmer präzise funktioniert, greifen Unternehmen daher bei dem Betrieb von AGVs auf die spurgeführte Navigation zurück.

Die spurgeführte Navigation ist vergleichbar mit einer Autobahn, auf der die Fahrzeuge auf vorgegebenen Spuren von einem Ausgangspunkt zum Endpunkt fahren. Ebenso verhält es sich in einer Produktionsumgebung, in der AGVs eingesetzt werden. Dort nutzen die AGVs dank der spurgeführten Navigation die schnellste und effizienteste Strecke für ihre Fahrt.

Worin besteht der Unterschied zwischen einer virtuellen und einer physischen Leitlinie?

Es gibt zwei Möglichkeiten, eine spurgeführte Navigation durchzuführen. Entweder greift das AGV auf eine physische Leitlinie oder auf eine virtuelle zurück, um sich durch den Raum zu navigieren.

Im klassischen Anwendungsfall klebt ein Mitarbeiter vor der Inbetriebnahme des FTS eine Magnetspur auf den Hallenboden. Die Magnetspur wird durch einen entsprechenden Sensor im AGV erkannt, sodass das fahrerlose Transportfahrzeug sofort losfahren kann. Bis zu diesem Zeitpunkt ist die Vorgehensweise physischer Natur. Das Fahrzeug erkennt die auf dem Boden aufgebrachte Leitlinie und folgt den vorgegebenen Wegen.

Ist stattdessen eine virtuelle Leitlinie erwünscht, zeichnet das AGV die Kontur der Magnetspur auf und wandelt sie um. Die abgefahrenen Strecken werden digital hinterlegt und formen eine Karte, an der sich das AGV orientieren kann.

Hierbei gibt es einen Unterschied zwischen permanenten und temporären virtuellen Spuren. Permanente virtuelle Spuren hinterlegt das AGV dauerhaft in der virtuellen Karte. Mithilfe eines Karteneditierungstools können am Laptop zusätzlich weitere permanente Spuren in die virtuelle Karte eingetragen werden. Karte und Spuren lassen sich anpassen.

Daneben gibt es auch temporäre virtuelle Spuren. Diese kommen zum Tragen, sobald ein einzelner Auftrag in eine andere Richtung als üblich ausgeführt werden soll. Sobald das AGV den Auftrag ausgefüllt hat, wird die virtuelle Spur in der hinterlegten Karte wieder gelöscht. So lassen sich beispielsweise auch digitale Spuren zu einem QR-Code, der am zu transportierenden Wagen angebracht ist, erstellen. Dieser Spur folgt das AGV bis zum Ziel und nach dem Erreichen des Wagens löscht sich die temporäre virtuelle Spur wieder.

Absolute und relative Spurführungen

Die absolute Spurführung gibt den Fahrtweg entlang der Leitlinie genauestens vor und navigiert das AGV zum Zielpunkt.

Über eine relative Lokalisierung kann das AGV von der vorgegebenen Spur abweichen. Soll das AGV beispielsweise automatisiert einen Wagen anfahren, der sich außerhalb der klassischen Linienführung befindet, wird dies über die relative Spurführung abgewickelt. Auf dem Wagen kleben Barcode-Marker, die durch Kamerasysteme erkannt werden und dem AGV das Signal für das Verlassen der Leitlinie geben. Das AGV fährt dann zu dem Wagen mit dem Raummarker und nimmt diesen auf.

Kombinierte Lokalisierungs- und Navigationsarten bei Safelog

Um einen einwandfreien Einsatz seiner fahrerlosen Transportsysteme zu gewährleisten, kombinieren wir bei SAFELOG mehrere Lokalisierungsarten miteinander. Standardmäßig ist jedes fahrerlose Transportfahrzeug mit einer Magnetlokalisierung ausgestattet.

Daneben haben die AGVs auch eine Laserlokalisierung an Bord. Denn gerade in Bereichen, in denen viele Stapler verkehren, nutzen sich physische Leitlinien wie Magnetspuren auf dem Boden schnell ab. Sobald die Markierungen unleserlich oder beschädigt sind, können die AGV-Sensoren das fahrerlose Transportsystem nicht mehr navigieren und der Prozess ist gestört. Auch bei eventuellen Störfeldern durch Stahlarmierungen, die Magnetsensoren beeinträchtigen, garantiert die Laserlokalisierung dem AGV eine zweite Sicherheit.

Durch ihre flache Bauweise eignen sich Unterfahrzeuge ideal für den Transport von Regalen, da sie diese direkt unterfahren und ausheben können (Bild: © SAFELOG).

 Warnmeldung des mobilen Roboters bei Verlust der Spurenerkennung (Bild: © SAFELOG).

Fazit

Welche Lokalisierungsart eingesetzt wird und ob sich die Navigation mittels physischer oder virtueller Leitlinie anbietet, hängt vom jeweiligen Projekt zur Automatisierung und den spezifischen Anforderungen des Sektors ab. Wichtig ist bei der Planung, das bestmögliche Konzept für die individuellen Kundenbedürfnisse zu erstellen.

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