Autonome mobile Roboter (AMR): Definition, Anwendungen, Alternativen 

Autonomer mobiler Roboter (AMR) oder fahrerloses Transportfahrzeug (FTF / AGV) – wer seine intralogistischen Transportprozesse automatisieren will, steht scheinbar vor der Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Technologien. Aber sind die Unterschiede zwischen AMR und FTF wirklich so groß? 

Was ist ein autonomer mobiler Roboter (AMR)?

Mit dem Begriff autonome mobile Roboter (AMR) werden Transportroboter beschrieben, die über einen hohen Autonomiegrad verfügen. Sie verändern ihre Fahrtrouten abhängig von den aktuellen räumlichen Gegebenheiten und weichen Hindernissen eigenständig aus.  Der Begriff wird häufig zur Abgrenzung gegenüber der etablierten fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF oder engl. AGV) genutzt. Als FTF gilt demnach ein Transportroboter der ausschließlich auf festgelegten Routen fährt und diese nicht verlässt. Möglich sind beispielsweise Magnetspuren, optische Leitlinien, aber auch virtuelle Leitlinien“ via Lasernavigation. Fälschlicherweise werden die Begriffe AGV und FTS (fahrerloses Transportsystem) synonym verwendet. Bei einem FTS handelt es sich jedoch nicht um ein einzelnes Fahrzeug, sondern um ein Gesamtsystem, das aus mehreren FTFs (Deutsch) / AGVs (Englisch) besteht. Fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTFs) wird im Vergleich zur autonomen Robotik weniger Flexibilität zugeschrieben. 

Durch den Aufbau inklusive seitlichen Führungsschienen verfügt der Mobile Roboter über ein Passives Lastaufnahmemittel, wodurch die Aufnahme von KLT-Behältern ermöglicht wird (Bild: © SAFELOG).

SAFELOG S3 im koordinierten Betrieb bei Dresselhaus (Bild: © SAFELOG).

Allerdings macht diese Unterscheidung keinen Sinn.

Denn technologische Unterschiede zwischen AMR und AGV/FTF gibt es kaum. Die Hardware der Roboter ist bei Antriebs-, Batterie-, Steuerungs- oder Sicherheitstechnik nahezu identisch. Und die oft angeführten überlegenen Sensoren wie 3D-Kameras zur Erfassung der Umgebung können im Bedarfsfall bei nahezu allen Arten von mobilen Robotern eingesetzt werden.  Sogar in puncto Navigation sind die Gemeinsamkeiten groß. So verfügen viele moderne FTS über die Fähigkeit zur freien Navigation – weshalb sie FTS und AMR zugleich heißen müssten.

Es ist daher nicht mehr zeitgemäß, zwischen AMR und FTF zu differenzieren.

Beides sind mobile Transportroboter, die konkrete Transportaufgaben übernehmen und je nach vorliegendem Anwendungsfall gewisse autonome Fähigkeiten, wie beispielsweise das Umfahren von Hindernissen oder Ausweichen, erfüllen müssen. 

Durch den Aufbau inklusive seitlichen Führungsschienen verfügt der Mobile Roboter über ein Passives Lastaufnahmemittel, wodurch die Aufnahme von KLT-Behältern ermöglicht wird (Bild: © SAFELOG).

Mobile Roboter von SAFELOG mit Peripherie-Setup bei SportOkay (Bild: © SAFELOG).

Wie viel Autonomie ist sinnvoll?

Da AMR autonom navigieren, ist das Fahrverhalten oftmals weniger präzise planbar. Besonders in Produktionsumgebungen, in denen eine hohe zeitliche Präzision aufgrund einer Just-in-time-Taktung gefordert ist, gefährden autonom navigierende Roboter durch ihr unvorhersehbares Fahrverhalten die Prozesssicherheit.   Bei der Automatisierung mit mobilen Robotern an der klassischen Montagelinie, bei der Verkettung von Quellen und Senken in der Produktionslogistik oder der Linienversorgung aus den Lägern gefährdet zu viel Autonomie die Erreichung der geforderten Ziele. Denn eine Ausweichbewegung verursacht eine Zeitverzögerung oder stellt eine Behinderung anderer Prozessteilnehmer dar. 

Sind auf dem Shopfloor noch weitere (manuelle) Fahrzeuge unterwegs oder sind komplexe Verkehrsregeln einzuhalten, ist ein planbarer Workflow mit autonomen Systemen nur schwer zu gewährleisten.   Die autonomen Roboter überholen sich unter Umständen sogar gegenseitig, wenn sie auf Hindernisse stoßen. Hierdurch gerät die Anlieferungsreihenfolge nach dem Perlenkettenprinzip durcheinander. 

Navigiert ein Roboter hingegen mit wenig Autonomie auf einer definierten Route, erledigt er seine Aufgaben effizient, sicher und verlässlich. Ein entscheidender Vorteil, wenn viele Transportroboter untereinander, aber auch mit anderen Fahrzeugen oder Peripherieanlagen interagieren müssen.   Anders verhält es sich bei Applikationen in der Intralogistik, bei denen Anlieferzeitpunkt und Reihenfolge nur eine untergeordnete oder keine Rolle spielen.

So kann Autonomie in einem Kommissionierlager von Vorteil sein. Es gibt häufig keine verbindlichen Routenvorgabeneine frei befahrbare Fläche und die Transportaufgaben sind nicht restriktiv getaktet. Stattdessen stehen Ziele im Fokus, wie das schnelle Auffinden von Waren. 

Worauf es bei der Automatisierung mit Transportrobotern wirklich ankommt

Die autonome Navigation ist kein Allheilmittel für fehlerhafte Prozesse. Wenn in einem Unternehmen Paletten, Fahrräder oder andere Gegenstände beliebig abgestellt werden und die Abläufe der Intralogistik stören, sind das strukturelle Probleme, die nicht durch eine Automatisierung mit Transportrobotern gelöst werden können.  

Beispiel für eine schlecht organisierte Fabrikhalle (Bild: © Adobe Stock).

Letztlich sind für den Erfolg eines Projekts nicht der Autonomiegrad, sondern die Kosteneffizienz und eine stabile, hohe technische Verfügbarkeit maßgeblich.  Das eigene Personal muss im Stande sein, im Falle von Störungen das System wieder zum Laufen zu bringen.  Je weniger Technik und Sensoren in einem Roboter verbaut werden, desto weniger potenzielle Fehlerquellen und technologische Abhängigkeiten gibt es. Das System wird dadurch sehr robust Entscheidend ist zudem eine flexible Robotiklösung zu wählen. Denn meist wird ein Leitstand für die Steuerung der Roboter benötigt. Dieser ist kostenintensiv in der Anschaffung, Programmierung und Wartung und besonders für kleinere Automationsprojekte mit wenigen Robotern nur bedingt wirtschaftlich. Hinzu kommt, dass bei einer Störung des Leitstandes die gesamte Flotte ausfallen kann. 

Beispiel einer gut organisierten Fabrikhalle (Bild: © Adobe Stock)

Moderne mobile Transportroboter verfügen daher über eine agentenbasierte Steuerung. Die Roboter kommunizieren dezentral untereinander im Schwarm, teilen sich gegenseitig ihre Position, Ziel und Route mit und tauschen sich über Störungen auf den Routen aus. Im Falle einer Fehlfunktion steht lediglich das betroffene Fahrzeug still, während der Schwarm weiterhin seinen Aufgaben nachgeht. Der kostenintensive Stillstand ganzer Flotten, ist damit ausgeschlossen. Die technische Verfügbarkeit der Lösung kann einen Wert von über 99 % erreichen. Die Routenplanung und Freigaben für Streckenabschnitte erfolgen ebenfalls auf Basis der schwarminternen Kommunikation. Die agentenbasierte Steuerung ermöglicht einen effizienten Betrieb von Roboterflotten mit wenigen bis hin zu mehreren hundert Fahrzeugen. Es besteht nur ein bedingt höherer Aufwand für die einmalige Einrichtung aufgrund der Flottengröße. Hierdurch lässt sich auch bei geringer Roboteranzahl eine rentable Automatisierung für kleine Unternehmen umsetzen. Auch können kurzweilige ROIs gerade in Verbindung mit Leasing- und Finanzierungsmodellen erreicht werden. mit der dezentralen Steuerung steigt nicht nur die Effizienz, sondern auch die Prozesssicherheit

Zusammenfassung

Die Unterscheidung zwischen autonomen mobilen Roboter (AMR) und fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF/AGV) ist belanglos. Beide Begriffe beschreiben mobile Transportroboter mit mehr oder weniger autonomen Fähigkeiten.   Ob eine autonome Navigation Sinn macht, ergibt sich aus dem jeweiligen Anwendungsfall. Entscheidend für den Erfolg einer Automation mit Transportrobotern sind die Stabilität des Systems, die Kosteneffizienz und die Verfügbarkeit der Flotte.  

Kontakt-
formular
Newsletter
abonnieren